«Grüezi» im Kanton Zürich

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Vor- und Nachteile eines liberalen Wirtschaftskantons

Von Hermann Lei, Kantonsrat, Frauenfeld

Kürzlich erhielt die «Schweizerzeit» vom Kanton Zürich zwei kleine Taschenbüchlein. Das eine heisst «Willkommen» und richtet sich an in Zürich lebende Ausländer. Das andere heisst schlicht «Kanton Zürich» und richtet sich an Neuzuzüger oder solche, die aus anderen Gründen etwas über den Kanton Zürich lernen wollen. Beide Büchlein sind auf ihre Art interessant und lesenswert.

Das Büchlein «Kanton Zürich» wird von der Zürcher Staatskanzlei herausgegeben. Es beinhaltet Fotos und Statistiken mit viel Lesenswertem. So erfahren wir, dass sich satte 98 Prozent der Einwohner in einer Befragung zufrieden oder sehr zufrieden über ihre Lebenssituation in Zürich äusserten. Gemäss Lebensqualitätsindex des Beratungsunternehmens «Mercer» ist die Stadt Zürich die lebenswerteste Stadt – noch vor Kopenhagen und Luxemburg. Am anderen Ende der Skala rangieren Städte wie Sofia, Bukarest, Istanbul, aber auch London.

Der Wirtschaftsraum Zürich bildet das wirtschaftliche Zentrum der Schweiz. Rund 1,8 Millionen Beschäftigte erwirtschaften in ungefähr 160‘000 Betrieben ein Volkseinkommen von jährlich etwa 200 Milliarden Franken. Das zieht auch Nicht-Zürcher an: Von total 1‘247‘906 Einwohnern des Kantons Zürich sind 280‘750 bzw. 23 Prozent Ausländer aus 186 Nationen von A wie Algerien bis Z wie Zypern. Nebst den Landessprachen wird in Zürich am häufigsten Serbisch, Kroatisch sowie Albanisch gesprochen. Die Region Zürich hat die mit Abstand grösste Bevölkerungsdichte der Schweiz, mit 782 Einwohnern pro Quadratkilometer.

Für Ausländer alles gratis

Die vielen Ausländer werden mit einem anderen Büchlein, es heisst «Willkommen», begrüsst, welches sich in zwölf Sprachen an die in Zürich lebenden Ausländer richtet. Herausgegeben hat die Broschüre die Fachstelle der kantonalen Beauftragten für Integrationsfragen. Neben gemalten Portraits von Ausländern werden den Ausländern Tipps für das Zusammenleben gegeben. So wird z.B. auf das Selbstverständliche hingewiesen, nämlich dass man Deutsch lernen soll. Unterschwellig werden aber auch die Schweizer kritisiert: Schweizer übernähmen bei der Kontaktaufnahme selten die Initiative. Sie seien distanziert. Und es werde in der Schweiz als unfreundlich empfunden, jemandem nicht in die Augen zu blicken.

Problematisch ist, dass nicht mehr auf die Eigenverantwortung der Ausländer gesetzt wird. Allenthalben werden staatliche Leistungen für Ausländer angepriesen; So wird eine Übersicht vermittelt zu allen subventionierten Sprachkursen sowie weiteren Angeboten im Kanton. Oder: «Falls Sie schlecht behandelt werden, prüfen Sie die Angebote der Antidiskriminierungs- oder Mobbingstellen (siehe wichtige Adressen). Die Bezirksgerichte Zürich beraten Sie kostenlos.» Und: «Beim Elternabend werden Dolmetscher/innen für die Ausländer gerne organisiert.» Sowie «Für Konfliktfälle gibt es kostenlose Beratungsstellen.»

Profit und Profiteure

Zürich mag die wirtschaftliche Metropole der Schweiz sein, in bezug auf wirtschaftliche Produktivität und Innovation ein Vorbild für andere. Die Schattenseite des Erfolgs macht sich jedoch auch bemerkbar. Gleichzeitig mit den motivierten, wirtschaftlich ausgerichteten Zuzüglern finden sich auch zahlreiche Profiteure ein. Solche, die vom Erfolg der anderen profitieren wollen. Der Kanton Zürich heisst auch sie willkommen – und weist sie gerne darauf hin, wie man wo zu unentgeltlichen Leistungen gelangt. Ob sich das auf die Dauer für den Wirtschaftskanton Zürich auszahlen wird, ist mehr als fraglich.

Hermann Lei

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