EU-Kolonialverträge

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Der Kommissionspräsident der Europäischen Union, José Manuel Barroso, hat kürzlich von der Schweiz folgendes verlangt: die dynamische Rechtsübernahme, die gleiche Interpretation dieser Regeln, ein Mechanismus zur Streitschlichtung und eine unabhängige Gerichtsbarkeit. Der Bundesrat reagierte prompt: er fordert nun die dynamische Rechtsübernahme, die gleiche Interpretation dieser Regeln, ein Mechanismus zur Streitschlichtung und eine unabhängige Gerichtsbarkeit. Die totale Unterwerfung unter die Forderungen der EU also.
An einer Klausur hat der Bundesrat kürzlich definiert, wie in Zukunft mit der EU Verträge abgeschlossen werden sollen. In gewundener Amtssprache hiesst es, die Schweiz könne sich im Sinne eines Mitspracherechts („Decision shaping“) an der Weiterentwicklung des EU-Rechts beteiligen. Könne die Schweiz aber eine Weiterentwicklung des Vertrages nicht übernehmen, könne die EU angemessene und verhältnismässige Ausgleichsmassnahmen ergreifen. Die Verhältnismässigkeit dieser Massnahmen könne wiederum in einem ad hoc-Schiedsverfahren überprüft werden.
Vergeltungsmassnahmen bei Nichtunterwerfung
Das tönt schon in der Behördenversion nicht wirklich gut. Und auf gut Deutsch heisst es: Die EU kann mit der Schweiz geschlossene Verträge eigenmächtig abändern. Die Schweiz kann sich zwar dazu äussern, wenn sie aber nicht mitmacht, kann die EU gegen die Schweiz Vergeltungsmassnahmen ergreifen. Nur die Verhältnismässigkeit der Vergeltungsmassnahmen, nicht die Vergeltungsmassnahmen an sich (!) können von einem Gericht, das von der EU und der Schweiz bestimmt wird, überprüft werden. Das ist etwa so, als würde ein Mieter seinem Vermieter erlauben, den Mietzins nach Belieben zu erhöhen. Will der Mieter dann den höheren Mietzins nicht bezahlen, so darf der Vermieter gegen den Mieter Vergeltungsmassnahmen ergreifen. Das Mietgericht könnte nur überprüfen, ob die Vergeltungsmassnahmen zu hart waren, aber nicht den Mietzins wieder anpassen. Kein vernünftiger Mensch würde so einen Vertrag abschliessen. Unser Bundesrat will genau das.

Sondergericht für Rechtsbeugung
Nebenbei: das „gestaltende Mitspracherecht“ („Decision shaping“), das der Schweiz als Ausgleich für den Souveränitätsverlust gegeben werden soll, ist derart unbrauchbar, dass sogar die EU-Turbos der NEBS es ablehnen. In diesem Sinne geht es weiter: „Bei der Überwachung und der Gerichtsbarkeit strebt der Bundesrat ein Modell an, bei welchem die homogene Rechtsanwendung in der Schweiz durch eine unabhängige nationale Behörde sichergestellt wird (…). Die einheitliche Rechtsauslegung soll durch gebührende Berücksichtigung der relevanten Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes gewährleistet werden. (…) Allfällige Abweichungen in der gerichtlichen Auslegung des Abkommens können geeignete und verhältnismässige Ausgleichsmassnahmen zur Folge haben. Die Verhältnismässigkeit solcher Massnahmen kann in einem Schiedsverfahren überprüft werden.“ Übersetzt heisst das: Es wird ein Sondergericht geschaffen, welches schaut, dass die Schweiz im Sinne der EU und des Europäischen Gerichtshofes handelt. Und falls dieses Sondergericht einmal nicht im Sinne der EU entscheidet, so kann die EU wiederum Vergeltungsmassnahmen gegen die Schweiz ergreifen.
Vergeltungsmassnahmen bei Unstimmigkeiten
Weiter geht es in diesem Stil. Ganz nach den Wünschen der EU-Spitzen erklärt der Bundesrat: „Unstimmigkeiten zwischen der Schweiz und der EU sollen im Rahmen eines Streitbeilegungsverfahrens effizienter beseitigt werden können. Meinungsverschiedenheiten sollen zwischen den Parteien primär im Gemischten Ausschuss besprochen werden. Kommt der Gemischte Ausschuss innert einer bestimmten Frist zu keiner Einigung, kann die benachteiligte Partei geeignete und verhältnismässige Ausgleichsmassnahmen ergreifen. Ein Schiedsgericht kann den Umfang, die Dauer und die Verhältnismässigkeit einer Ausgleichsmassnahme überprüfen.“ Damit wird die totale Unterwerfung unter die EU schöngeredet: Wenn der EU etwas an der Schweiz nicht passt, dann darf die EU wiederum Vergeltungsmassnahmen ergreifen.
Stromabkommen als Testfall
In Zukunft würden also die neuen Staatsverträge mit der EU die Schweiz völlig von der EU abhängig machen. Sie stellen eine Art „EU-Beitritt light“ dar. Der Bundesrat will in Zukunft gegenüber der EU nicht mehr als gleichberechtigter Vertragspartner auftreten, sondern mit ihr Kolonialverträge abschliessen. Weil das Referendum gegen solche Staatsverträge heute nur selten möglich ist, ist es umso wichtiger, dass die AUNS-Initiative „Staatsverträge vors Volk“ angenommen wird. Hermann Lei, Frauenfeld

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