Was ist christliche Politik?

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Ist die Kirche politisch?

Zum 1. August dieses Jahres hat die Schweizer Bischofskonferenz, vertreten durch den Einsiedler Abt Martin Werlen, eine Botschaft veröffentlicht unter dem Titel „Die Kirche ist politisch“. Allein schon der Titel stimmt skeptisch. Politik ist in  erster Linie Gestaltung des  staatlichen Lebens, Gestaltung der Zukunft mit den Mitteln von heute. Neben der Politik gibt es z. B. noch das Privatleben, das der Öffentlichkeit  entzogene Leben.  Was aber ist christliche Politik?

Irrglaube der politischen Kirche

Nicht nur Katholiken wie Abt Werlen hängen der politischen Kirche nach. Der reformierte Theologe Andreas Peter z.B. forderte im „Wort zum Sonntag“ tatsächlich ein „bedingungsloses Grundeinkommen“. Das entspreche dem Gleichnis vom Weinberg und sei biblisch. Zudem redete er einer nationalen Erbschaftssteuer das Wort. Pfarrer Peters Propaganda entsprach exakt der zufällig drei Tage später präsentierten Volksinitiative von linken Parteien und Gewerkschaften. Der Gottesmann ereiferte sich über den „Geldadel“ und sagte: „Die allermeisten Menschen in der Schweiz, also Sie und ich, müssen nichts bezahlen.“ Da versteckt einer Eigennutz, Populismus und demagogische Plünderungsfantasien hinter einem christlichen Deckmantel. Was ist unchristlich, wenn eine Familie für die nächste Generation vorsorgt? Warum sind für die Kirchen sämtliche Minderheiten schützenswert, nur nicht diejenigen, die arbeiten? (Chr. Mörgeli in der Weltwoche)

Muss die Kirche denn überhaupt politisch sein? Die wesentliche westeuropäische Sonderentwicklung in der Weltgeschichte besteht im mittelalterlichen Kampf zwischen Kaiser und Papst, zwischen Kirche und Staat. Daraus entwickelte sich die heutige Trennung zwischen Kirche und Staat. Alle bedeutenden Lehrer der christlichen Kirchen haben davor gewarnt, Reich Gottes und Reich dieser Welt gleich zu setzen. Und die Bibel ist auch kein Rezeptbuch für politisches Handeln. Dies im Gegensatz z.B. zum Islam. Dieser hat direkt für diese Welt anwendbare und bindende gesetzliche Vorschriften.

Christen sollten in der Politik also nicht das Heil sehen. Wir sind zwar in der Welt aber nicht von dieser Welt. Das Wort von Abt Martin Werlen, die Kirche müsse politisch sein, ist falsch.

Unchristlicher Wohlfahrtsstaat

Nach der hier vertretenen Ansicht gibt es also nicht eine christliche Politik und die Bibel gibt für das politische Tagesgeschäft keine Anleitungen. Wohl aber gibt es eine christliche Kultur und Geisteshaltung, welche uns durchaus Hinweise gibt, wie wir uns in der Politik verhalten sollen:

Jedes Jahr arbeiten wir z.B. bis in den Juli für obligatorische Abgaben. In dem Masse wie die staatlichen Sozialinstanzen voranschreiten bilden sich ursprüngliche Solidarverbände (Familien, Nachbarschaften etc.) zurück. Dafür nimmt die  Macht der Amtsträger zu, ebenso der Zentralismus. Eine Grundkategorie des Menschlichen, des Christlichen, die gegenseitige Anteilnahme und Hilfestellung, wird in die Sphäre der amtlichen Erledigung transferiert. Und der Wohlfahrtsstaat ist masslos, er erfordert immer mehr Mittel, denn die Begehrlichkeiten nehmen immer mehr zu. Mit christlicher Nächstenliebe hat das Umverteilungsprogramm des Sozialstaates nichts zu tun.

Im Gegenteil: Bei der biblischen Nächstenliebe geht der Impuls der Hilfeleistung  vom Helfenden aus. Im Sozialstaat geht der Impuls hingegen vom Anspruch aus, den der Staat im Namen der Bedürftigen stellt. Damit ist nun der Niedergang der  Nächstenliebe verbunden: Ich habe ja meine Pflichten durch die Steuerzahlung erfüllt.  Es ist daher entschieden der Auffassung entgegenzutreten, der Umverteilungsstaat europäischer Prägung der neuesten Zeit sei christlich oder sei mindestens ähnlich dem, was Christus gefordert habe.

Im Übrigen erfordert das europäische Sozialstaatsmodell heute so viele Mittel, dass sie nur durch gigantisches Schuldenmachen beschafft werden können. Nachhaltig ist das nicht, wir leben auf Kosten der Nachkommen, eine Korrektur, ja vielleicht der Zusammenbruch dieses Systems ist unvermeidlich. Aus christlicher Warte müssen wir zugespitzt sagen: Der Wohlfahrtsstaat ist unchristlich, der Wohlfahrtsstaat kann niemals den Anspruch erheben, christlich zu sein, bzw. christliche Werte zu verkörpern.

Unchristliches Islam-Appeasement

Die Stellungnahmen des Evang. Kirchenbundes  der Schweiz zu Abstimmungsvorlagen sind auch ein Ärgernis. Sie stellen eine Anmassung dar, weil sie mit dem Anspruch daher kommen, einen politischen Sachverhalt ethisch und moralisch werten zu können. In Abstimmungen geht es aber kaum je um gut oder böse, sondern höchstens um richtig oder falsch. Nehmen wir das Beispiel die Minarettinitiative, welche vom Kirchenbund heftig bekämpft wurde. Unbestritten ist das Recht von einzelnen Mitgliedern der Kirche, sich zu politischen Fragen zu äussern. Im vorliegenden Fall ist aber zu bedenken,  dass die Haltung der christlichen Kirche zum Islam auch schon anders war, dass sogar im Namen Christi  Kreuzzüge geführt wurden und die damaligen Christen waren sicher, das Richtige zu tun.  Nun ruft natürlich niemand zu Kreuzzügen auf, aber man kann sich durchaus fragen, wo und wann die sog. Toleranz und Offenheit, der Respekt gegenüber einer andern Religion, in Gleichgültigkeit, Leisetreterei umschlägt oder gar schlicht Ausdruck mangelnder eigener  Überzeugung ist. Angela Merkel  wurde  getadelt, weil sie sich über die Tötung von Bin Laden freute.  Man kann da verschiedener  Meinung sein, Christentum mit Pazifismus in dieser unserer Welt gleichzusetzen geht aber nicht.

Ayaan Hirsi Ali, die als Muslimin erzogen wurde und in die Niederlande flüchtete und dort zu einer Kämpferin für die Redefreiheit wurde und deswegen bewacht werden muss, sagt: „Wer den Islam nicht wirklich kennen gelernt hat, versteht ihn nicht.  Sein Ziel ist die Einrichtung eines totalitären islamischen Staates … mit der islamischen Religion als Quell der Gesetzgebung. Nicht alle, die sich zum Islam bekennen, streben ein solches theokratisches Regime an. Aber ich halte die von vielen Europäern in Unkenntnis der Lage übernommene Trennung  zwischen den vielen guten und den wenigen bösen Islamisten für falsch .. der Islam als politische Ideologie trägt klar totalitäre Züge im Sinne einer kollektivistischen Ideologie, für die das Individuum als solches keinen Wert hat.“ Wem unsere christliche Kultur ein Anliegen ist, dem ist das nicht neu und der wird sich gegen den Islam wehren wollen. Ein Appeasement gegenüber dem Islam aber kann man mit Christentum wohl kaum in Einklang bringen.

Christliche Schlussfolgerung

Abstimmungsparolen zu verbreiten ist also keine christliche Politik, mit politischen Eingriffen sollte sich die Kirche zurückhalten. Hingegen ergeben sich aus unserer christlichen Kultur durchaus Handlungsanweisungen, z.B. die, den masslosen Wohlfahrtsstaat oder den Islam einzudämmen. In diesem Sinne gibt es wohl doch eine christliche Politik. Aber  sie müsste anders sein als unsere Kirchenoberen glauben.

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1 Antwort zu Was ist christliche Politik?

  1. Urs sagt:

    Abt Martin Werlen ist einfach nur mediengeil und eitel. So versucht er, bei jeder Gelegenheit, irgendwo einen Medienauftritt zu erhaschen. Der Eindruck entstand z. B., als er sich als der grosse Papstkritiker medial in Szene setzte, der Papst würde angeblich die Missbrauchsfälle nicht nachdrücklich genug angehen. Es sollte angenommen werden, dass für einen Abt doch die Möglichkeit des direkten Weges nach Rom bestanden hätte, anstatt die Kommunikation über die Medien zu wählen. Der einzige Grund, soetwas zu tun, ist, dass man aus Eitelkeit gern in den Medien ist. Bis heute hat Abt Martin Werlen jedenfalls keinen Grund für sein Verhalten vorgetragen.

    Auch solche Berichte sprechen doch für sich: http://schweizblog.ch/?p=3512

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