24.2.13 Politiker-Patzer auf Twitter und Facebook

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Was darf man schreiben und sagen, was nicht?

Soziale Medien sind im Trend. Politiker nutzen den Kurznachrichtendienst Twitter, um ihre Meinung zu verkünden. Parteihelfer mobilisieren über Facebook für ihren Anlass. Und Parteien versuchen, das Informationsmonopol der Mainstreammedien zu brechen,  in Ägypten, Syrien oder der Schweiz. Aber so dienlich Facebook und Twitter sind, so tückische Folgen können sie haben. Sie funktionieren zwar wie ein vertrauliches Gespräch, aber letztlich sind es öffentliche Plattformen. Wer in einer unbedachten Minute einen Blödsinn twittert ist bald Stelle, Amt und Würden los. Eine Anleitung zum sicheren Gebrauch der neuen Medien.
Wie man es nicht machen sollte
Der Facebook-Eintrag von Seppi Spiess, SVP-Präsident der Gemeinde Schwyz, zum Tod eines moldawischen Autodiebs ging in der Schweiz um: «Ich hatte richtig Freude. So müsste es sein, niederschiessen, dann kostet diese Sauware nichts mehr. Aber eben, die Ausländer lachen über uns.» Dieser unüberlegte Facebook-Kommentar hat Spiess sein Amt gekostet. Auch aus der Partei ist er ausgetreten.  Ähnlich SVP-Politiker Beat Mosimann, der auf Facebook  von einem «Asylantentsunami» und von Erschiessungen von Asylbewerbern sprach und so seine politische Karriere beendete bevor sie begann. Noch bekannter ist der Fall von Alexander Müller,  dem sogenannten Kristallnacht-Twitterer.  Vom Twitter-Account @dailytalk ging ein Tweet folgenden Inhalts in die weite Welt hinaus: «Vielleicht brauchen wir wieder eine Kristallnacht … diesmal für Moscheen.» (Nachtrag: Herr Müller weist mich darauf hin, dass der Tweet unvollständig widergegeben wurde, es fehlt folgendes am Schluss: „damit die Regierung aufwacht.“) Müller verlor – ungerechtfertigt – Job und Amt und musste aus seiner Partei austreten. Wahrscheinlich haben Spiess, Müller und Mosimann einfach ihrem Ärger unbedarft Luft gemacht und gar nicht gemeint, was sie schrieben. Seit sich Teile der Strafjustiz aber in den Dienst der politischen Korrektheit gestellt haben und lieber bei twitternden SVP-Mitgliedern eine Hausdurchsuchung durchführen als beim nigerianischen Drogendealer dürfte es ratsam sein, einige Regeln zu beachten.
Niemals spontan schreiben
Die erste Regel lautet: Keine spontanen Äusserungen auf Twitter oder Facebook! Spontanes hat in den sozialen Medien entgegen einer landläufigen Meinung nichts zu suchen. Denn soziale Netzwerke sind nicht privat. Wer nicht seine Stelle, seine Ämter und seinen unbefleckten Strafregisterauszug verlieren will, der betrachte Twitter und Facebook als öffentliches Minenfeld. Ein solches betritt man nicht spontan, nicht unvorbereitet und nicht, wenn man getrunken hat. Twitter und Facebook verwende man gezielt, überlegt und im Rahmen einer längerfristigen öffentlichen Strategie.
Vorsicht bei Meinungen
Die zweite Regel lautet: Fakten publizieren, Vorsicht bei Meinungen. Meinungen können verletzen. Und Persönlichkeitsverletzungen sind strafrechtlich (Art. 173 ff. StGB) wie zivilrechtlich (Art. 28 ZGB) verboten. Im Gegensatz zur strafrechtlichen Ehrverletzungsklage sind beim zivilrechtlichen Persönlichkeitsschutz nicht nur die Ehre, sondern auch das berufliche Ansehen sowie das Privat- und das Familienleben geschützt. Sanktionen wegen Ehrverletzung, übler Nachrede, Verleumdung, Beschimpfung und weiterer Delikte drohen dem unvorsichtigen Facebook-Nutzer. Am besten schreibt man nur Tatsachen, nur sicher Wahres. Meinungen, welche heikel sein könnten („Widmer-Schlumpf ist eine Verräterin“) kennzeichnet man mit einem Fragezeichen und versieht man mit einer Prise Humor („Hat Widmer-Schlumpf ihre Parteikollegen verraten oder hat sie nur vergessen, in welcher Partei sie war…?“).
Verallgemeinerungen meiden
Dritte Regel: Verallgemeinerungen meiden. Wir Menschen mögen zwar Verallgemeinerungen („Frauen verdienen weniger“) und niemand stört sich daran. Sobald aber bei fremden Menschen  verallgemeinert wird, nennt man es Rassismus. Der entsprechende Artikel im Strafgesetzbuch war zwar ursprünglich dafür gedacht, schlimme rassistische Auswüchse zu bestrafen. Mittlerweile hat sich der Artikel aber zu einem Instrument gegen die Meinungsfreiheit gewandelt, praktisch die gesamte SVP-Spitze sieht sich z.B. wegen eines harmlosen Inserats einem Strafverfahren ausgesetzt. Was erlaubt ist und was nicht, ist völlig unklar und es gilt: Im Zweifel gegen den Angeklagten. Was tun? Vorsicht ist bei allen Äusserungen geboten, in denen Worte wie Asiaten, Schwarze, Semiten, Tamilen, Sizilianer, Zigeuner, Juden, Hindus, Muslime, Türken, Tunesier etc. verwendet werden. Heute abwertend verstandene Begriffe wie Zigeuner, Neger etc. lasse man aus. Statt „Albaner sind kriminell“, „Deutsche nutzen unseren Sozialstaat aus“ zu sagen halte man sich an die Fakten und sage „Albaner sind im Schnitt krimineller als Schweizer“ etc.. Auch Aufrufe zu Diskriminierung sind verboten, so z.B. der Aufruf, Nigerianer auszuweisen, sie nicht zu bedienen, ihnen keine Arbeit zu geben oder keine Wohnungen zu vermieten. Aussprüche wie „Jugos? Nein danke!!!“ oder „Wir dürfen Muslime nicht einbürgern“ sind ebenso kritisch. Das Verweigern einer Leistung, welche der Allgemeinheit angeboten wird, z.B. „Bier nur für Schweizer“, ist ebenfalls nicht statthaft. Alle diese Äusserungen sind zwar nur in der  Öffentlichkeit verboten. Als privat gilt aber nur der Ort, wo man alle Personen persönlich kennt. Stammtisch, Facebook und Twitter sind öffentlich.
Erlaubt: „Kriminelle Jugos? Nein danke!“
Zulässig sind demgegenüber alle Aussagen, welche sich nicht auf eine Rasse, Religion oder Nation beziehen, so z.B. Aussagen über Blonde, Südländer, Drittweltbewohner, Südamerikaner, einige Schweizer oder gewisse Tunesier. Oder anders gesagt: Man muss seine Aussage immer einschränken; „einige/gewisse/eine Anzahl Nigerianer sind kriminell und daher auszuweisen“. Ein Aufruf, kriminelle Albaner auszuweisen, sie nicht zu bedienen, ihnen keine Arbeit zu geben oder keine Wohnungen zu vermieten, dürfte erlaubt sein, sicher sein kann man aber nicht. Erlaubt wäre aber zu sagen „Diese Albaner sind mir einfach zu laut, ich mag sie nicht.“, denn damit wird niemand diskriminiert. Oder: „Einwanderer aus dem Kosovo haben einen hohen Anteil an der Kriminalität in der Schweiz.“ Die Aussage „Kriminelle Jugos? Nein danke!“ ist ebenfalls erlaubt. Auch zu sagen, Schweizer Muslime seien im Durchschnitt krimineller als Schweizer ist in Ordnung. Nicht integrierte Muslime nicht einzubürgern darf man fordern. Man darf auch eine Wohnung oder Arbeitsstelle nur für Schweizer ausschreiben, denn es handelt sich nicht um eine Leistung, welche prinzipiell für alle angeboten wird. Jegliche kritischen Aussagen über den Holocaust oder Relativierungen etc. sind zu unterlassen.
Fremde Bilder und Texte nur mit Quelle
Vierte Regel: Fremde Bilder nur mit Text und Quelle. Wenn Bilder – und auch Texte –  im Internet öffentlich zugänglich sind, müssen Urheberrechte beachtet werden. Jeder, der Inhalte online bereitstellt, sollte sich bewusst sein, dass er in der Regel in aller Welt gesehen und genutzt werden kann. Fremde Inhalte, persönliche Information oder Bilder von Dritten bergen die Gefahr von Urheberrechtsverletzungen etc. Ungenehmigte Verwendungen von Fotos oder Stadtplanausschnitten werden zum Teil rigoros verfolgt. Erlaubt ist prinzipiell nur, was man selber gemacht hat. Man muss auch hier darauf achten, dass man keine Persönlichkeitsrechte verletzt. Wenn auf einem Bild Personen als Hauptmotiv zu sehen sind, müssen diese um Erlaubnis gebeten werden. Personen, die als Beiwerk auf dem Bild zu sehen sind (z.B. Passanten vor einem Stand zur Unterschriftensammlung), müssen aber ebenso wenig um Erlaubnis gefragt werden, wie berühmte Personen beim Ausüben ihres Amtes. Kommerzielle Produkte, Logos, Comics etc. dürfen nur mit Erlaubnis fotografiert werden. Auszüge aus fremden Texte müssen als Zitat gekennzeichnet und die Quelle muss genannt werden.
Keine Angst vor neuen Medien
Twitter, Facebook, Blogs oder Homepages sind keine virtuellen Stammtische, wo man sich das eine oder andere erlauben kann, sondern sie sind öffentliche Foren. Angst vor neuen Medien sollte man dennoch nicht haben. Man merke sich für deren Gebrauch einfach Folgendes: Keine spontanen Äusserungen auf Twitter oder Facebook! Fakten publizieren, Vorsicht bei Meinungen, Verallgemeinerungen meiden. Nur selbstgemachte Bilder veröffentlichen. Zitate als Zitat kennzeichnen und Quelle nennen. Wer dies beherzigt und allgemein etwas vorsichtig ist, kann eigentlich nichts falsch machen! Die neuen Medien sind eine unverzichtbare Möglichkeit, die traditionellen Medien, welche sehr oft gegen uns arbeiten, auszuhebeln. Nutzen wir die Chance!
Hermann Lei, Frauenfeld
Kleiner Ratgeber für Twitter und Facebook (zum Ausschneiden, aber ohne Gewähr)
verboten:                                                                                           erlaubt:
„Widmer-Schlumpf ist eine Verräterin“                                        „Hat Widmer-Schlumpf ihre Parteikollegen verraten oder hat sie nur vergessen, in welcher Partei sie war?“
„Darbellay ist ein Dorftrottel“                                                          „Darbellay wechselt die Meinung wie das Hemd“
„Jugos? Nein danke!“                                                                        „Kriminelle Jugos? Nein danke!“
„Albaner sind kriminell“                                                                   „Albaner sind im Durchschnitt krimineller als Schweizer“
„Türken nutzen unseren Sozialstaat aus“                                      „Viele Türken nutzen unseren Sozialstaat aus“
„Wir dürfen Muslime nicht einbürgern“                                       „Wir dürfen kriminelle Muslime nicht einbürgern“
„Bier nur für Schweizer“                                                                  „Wohnung nur an Schweizer zu vermieten“
„Kosovaren schlitzen Schweizer auf“                                             „2 Kosovaren schlitzen 1 Schweizer auf“
Bilder mit fremden Person veröffentlichen                                 Bild mit fremder Person im Hintergrund, Bild mit Politiker
Fremdes Bild, fremdes Logo etc.                                                    selbstgemachte Bilder, fremdes Bild etc. mit Erlaubnis

Nachtrag 29.9.15 „Kristallnacht“

Folgendes wurde mir zugetragen, was ich der Ausgewogenheit willen veröffentlichen will:

Frau Binswanger hat offensichtlich nie wirklich gesehen, was Müller auf seiner Twitter-Timeline geschrieben hat. Dies geht aus den folgenden Tweets hervor:

Ich finde es nicht auf dailytalk-TL…  https://twitter.com/mbinswanger/status/216847143942631424

Er hats gelöscht… https://twitter.com/KueddeR/status/216847351434854400
Das war in welchem Zusammenhang? https://twitter.com/mbinswanger/status/216850355504418817
Ich weiss es nicht. 2-3 Zeugen fragen. https://twitter.com/KueddeR/status/216850785764524033

Ich schreib jetzt was über diese braunen SVP-Heinis https://twitter.com/mbinswanger/status/216859226016989185

Sie hat vor der Publikation ihres Artikels mit dem Titel: „Tweet von SVP-Mitglied fordert Kristallnacht für Moscheen“ auch nicht mit Müller gesprochen, wie die NZZ berichtet hat.

http://webpaper.nzz.ch/2013/02/03/schweiz/K2JO9/journalistin-hat-zu-schnell-geschossen?guest_pass=110dd13ffe%3AK2JO9%3A3859deb79c8f0923f4e5a79c26309c19bbd3f264

Später hat sie sich dafür bei Müller entschuldigt (siehe Bild „Entschuldigung“).“

 

Frauenfeld, 29.9.15

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1 Antwort zu 24.2.13 Politiker-Patzer auf Twitter und Facebook

  1. K. H. sagt:

    Info am Rande, das Wort „Kristallnacht“ wird auf Twitter beinahe täglich getwittert. Dies ohne dass es jemanden stört. Es gibt überdies in der Schweiz keinen Index für verbotene Wörter. Deshalb würde ich Müllers Tweet auch nicht als Patzer bezeichnen. Er wurde von den Linken vielmehr zum Patzer gemacht.

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