28.2.13 Putsch des Bundesgerichts

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Putsch des Bundesgerichts

„Nehmen Sie fünf Richter…“

Am 29. Januar 1910 sorgte der Aristokrat von Oldenburg-Januschau während einer Reichstagsdebatte reichsweit für grosses Aufsehen, als er erklärte: „Der König von Preußen und der Deutsche Kaiser muss jeden Moment imstande sein, zu einem Leutnant zu sagen: Nehmen Sie zehn Mann und schließen Sie den Reichstag!“ Mit dieser provokativen Aufforderung zum direkten Verfassungsbruch rief er energischen Protest hervor. Heute und in der Schweiz regt sich kaum jemand auf, wenn die Verfassung aus den Angeln gehoben wird. Und man braucht auch nicht mehr das Militär; 5 Bundesrichter reichen.

 

Ein folgenschweres Urteil

Was ist geschehen? Ein Mazedonier war zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 18 Monaten verurteilt worden, weil er sich am organisierten Drogenhandel beteiligt hatte. Das Migrationsamt Thurgau sprach eine Wegweisung aus. Das Bundesgericht stellte im Urteil vom 12. Oktober 2012 fest, dass der Widerruf der Niederlassungsbewilligung unverhältnismässig sei. Das Gericht begründete den Entscheid mit dem Vorrang der völkerrechtlichen Verpflichtungen der Schweiz gegenüber dem nationalen Recht, obwohl die Voraussetzungen für den Widerruf der Niederlassungsbewilligung in diesem Fall klar gegeben waren. Die Bundesrichter stellten sich auf den Standpunkt, der Text von Art. 121 Abs. 3-6 (Ausschaffungsinitiative) stehe „in Widerspruch zu anderen verfassungs- und völkerrechtlichen Vorgaben – insbesondere den die schweizerische Verfassungsordnung prägenden Grundsätzen rechtsstaatlichen Handelns und des Respekts der verfassungsmässigen Rechte“. Die beteiligten Richter waren: Zünd (SP), Seiler (SVP), Aubry Girardin (Grüne), Donzallaz (SVP), Stadelmann (CVP).

 

Schon länger links

Das Bundesgericht hat damit erklärt, in Zukunft die Verfassung nicht mehr respektieren zu wollen. Massgebend sei Völkerrecht. Es droht mit seinem radikalen Urteil die Ausschaffungs-, Durchsetzungs- und die Minarettinitiative praktisch für ungültig zu erklären. Der Verfassungsbruch durch das kürzlich ergangene Urteil des Bundesgerichts ist in seiner Radikalität einmalig. Allerdings: die Anzeichen, dass die Mitte-Links-Mehrheit sich auch im Bundesgericht akzentuiert und schliesslich zum offenen Verfassungsbruch greifen würde, mehrten sich seit langem. Schon in einem früheren Entscheid unterwarf sich das Bundesgericht ohne Not fremdem Recht: „Nachvollzogenes Binnenrecht ist im Zweifel europakonform auszulegen….“ (BGE 129 III 335 ff.). Schritt für Schritt hat das Bundesgericht bekanntlich auch in Einbürgerungssachen aus einem politischen Entscheid einen Verwaltungsakt gemacht. In BGE 138 I 305 legte es zudem fest, dass in Zukunft auch die inhaltliche Überprüfung eines negativen Entscheides möglich sei.

Schwer Krimineller darf bleiben

Zahllos waren auch die Entscheide zugunsten krimineller Ausländer. Leutrim Mulaj zum Beispiel kam 2008 per Familiennachzug in die Schweiz. Doch er kam mit der hiesigen Rechtsordnung nicht zurecht. Obwohl der Kosovo-Albaner in einem Zeitraum von zwei Jahren über zwei Dutzend Bussen sammelte, Schulden anhäufte, Diebstähle beging, in den öffentlichen Verkehrsmitteln schwarz und Auto ohne Führerausweis fuhr, gegen das Waffengesetz verstiess und zudem noch von Sozialgeldern lebte, sei die Wegweisung in sein Heimatland „unverhältnismässig“, urteilte das Bundesgericht. Oder: Ein illegal eingereister Algerier konnte wegen seines Widerstands nicht zwangsweise ausgeschafft werden. Er wurde wiederholt straffällig und zusammengezählt zu zwei Jahren und neun Monaten Gefängnis verurteilt. Das Bundesgericht sah die Straffälligkeit des Betroffenen als nicht „schwerwiegend“ an, trotz der 16 Verurteilungen zwischen 1998 und 2007, er durfte bleiben (Urteil 2C_415/2010).

 

Niederlassung trotz Zwangskoranunterricht

 

Entgegen Art. 98 Abs. 4 ZGB sprach sich das Bundesgericht im Urteil 2C_430/2010 vom 11. Oktober 2011 gegen ein generelles Heiratsverbot für Sans-Papiers aus. Ein Ausländer kann sodann nicht aus der Schweiz ausgewiesen werden, weil er gesellschaftlich nicht integriert erscheint. Ein 46-jähriger Türke wurde im Jahr 2006 für zehn Jahre aus der Schweiz ausgewiesen, da sein Verhalten Anlass zu schweren Klagen gegeben hatte und er nicht gewillt war, sich in der Schweiz zu integrieren. Obwohl das Bundesgericht feststellte, dass der Betroffene nur minimal die Deutsche Sprache beherrsche, seine Töchter zweimal nicht in das obligatorische Klassenlager gehen liess, worauf er auch gebüsst wurde, und die Töchter auch gegen ihren Willen in den Koranunterricht schickte, sah das Bundesgericht die Ausweisung als unrechtmässig an und sprach auch diesem Betroffenen die Niederlassungsbewilligung zu (2C_536/2007). Auch eine Scheinehe lohnt sich neuerdings dank dem Bundesgericht: Einer homosexuellen Dominikanerin, die jahrelang eine Scheinehe mit einem Schweizer vorspiegelte, um ihr Bleiberecht im Land zu garantieren, wurde dieses nach dem Tod ihres „Ehemannes“ zugesprochen.

Von permissiven Urteilen zur Machtanmassung

Die Liste liesse sich beliebig fortsetzen. Bislang hat Bundesgericht seine politische Ausrichtung in ausdehnender Gesetzesinterpretation – mit permissiven Urteilen – gezeigt.  Nun aber geht das höchste Gericht einen machtanmassenden Schritt weiter. Denn in einer Demokratie müsste das Volk bestimmen, was in unserer Verfassung steht. Das Gericht hat aber mit seinem Urteil Volk und Stände abgesetzt, neu bestimmt nicht mehr die Mehrheit der Bürger, was in unserem Land gilt, sondern es bestimmen einige Bundesrichter. Eine Staatsform aber, in der wenige über viele herrschen, kann man nicht mehr Demokratie nennen.

Was tun? Eigentlich müssten wir eine Volksinitiative lancieren mit dem Text: „Jede Amtsperson, die sich über die Verfassung stellt, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren bestraft und verliert ihr Amt.“

 

Hermann Lei, Frauenfeld

 

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